PRESSETEXTE
SIEMENS ArtLab 2006
Falten
und Runzeln einer Haut sind Träger von geheimnisvollen
Informationen, gebildete aus Bewegung und Benutzung,
Wachstum und Verschleiß. Treten sie bei Pflanzen
oder Tieren auf, so können sie als Träger
von Ausdruck und Persönlichkeit leichter akzeptiert
werden als bei Menschen,wo zu stark eine Erinnerung
an Alter, Krankheit und Tod mit ihnen verbunden
wird.
In Valentin Hirschs Arbeiten, vor allem seinen letzten
Radierungen, wird die einprägsame Schrift der
Faltenlinien und Runzeln in Gesicht und Körper
von Elefanten zu einem Text von existentieller Dringlichkeit
und liebevoller Hinwendung. Hirsch blickt genau,
nicht nur die Haut und ihre Zeichen zeigt er, sondern
auch die Kräfte, die diese Zeichen auf Körper
und Häute, Land und Leute, Hirne und Seelen
prägen. Wie eingeätzt erscheinen die Falten
und Linien, und
nichts könnte die tiefschwarze Klarheit, die
hier beschrieben wird, besser erzeugen als geätztes
Kupfer, als Druckplatte Überträger der
Informationen auf geschmeidiges Papier.
Hirsch liebt die Umwandlung des bildhaften Denkens
zur Platte und zum druck, und er zitiert aus der
alten Welt der graphischen Bilder unter anderem
Dürer, setzt seinen Schmerzensmann auf eine
neue Ebene, verbindet das Lobpreisen mit dem Anklagen
und balanciert die grundsätzlichen Gegensätze
in aller Deutlichkeit. Eine beeindruckende Souveränität
im Formalen zeigt sich in seinen neuen Arbeiten,
gepaart mit einem großen Bewusstsein für
die Frag-
würdigkeit des Wahrgenommenen. Hier hat einer
die Möglichkeit, mit graphischen Mitteln deutlich
zu sein, sowohl was seine Fragen betrifft als auch
wie sie sichtbar macht.
Text: Gunter Damisch
TONART 2005
Zentrales Thema seiner Arbeiten ist die die Wechselwirkung
zwischen dichotomen Elementen, die sich gegenseitig
bedingen und somit zu einem Ganzen, einer Einheit,
führen. Es sind Extreme wie Gut - Böse,
Schön - Hässlich, Stark - Schwach, Leben
- Tod, und die Auswirkungen dieser elementaren Auseinandersetzungen
auf unsere Existenz. Damit ist ebenso die physische
Existenz gemeint, wie auch die Folgen für menschliche
Wertevorstellungen, Spiritismus und religiöses
Empfinden. Die Grenzen zwischen beiden Seiten sind
oft fließend und lassen somit die Definition
was Gut oder Böse ist offen, sodass eine endgültige
Zuordnung nahezu unmöglich ist. In beiden Seiten
findet sich jeweils eine schöne und eine hässliche
Kraft wieder.
Auf der spiritistisch - religiösen Seite bietet
sich die Figur Jesu Christi in seiner Dichotomie
Mensch - Gott als Sinnbild in besonderer Weise an.
Die göttliche Würde auf der einen Seite,
muss er sich auf der anderen Seite als Mensch dem
faustischen Seelenproblem stellen - er ist das Sinnbild
des Menschen als Abbild Gottes in einer Welt voller
Elend schlechthin.
Eine weitere zentrale Rolle spielt der Elefant,
der als Bildgegenstand an seiner vertikalen Mittelachse
gespiegelt wird und so die symmetrische Verdoppelung
einer Seite - der Guten, wie der Bösen - zeigt.
Dadurch entwickelt sich für valentin hirsch
ein verfremdetes, oft entstelltes Wesen mit menschlichen
Zügen, das als einziges Lebendes aus dem Kampf
der Pole hervorzugehen scheint. Mal kann er Verursacher
der Zerstörung mal Träger sein, meistens
ist er eine würdevolle Größe, die
aus der ständigen Veränderung mit sichtbaren
Spuren hervorgeht. Der Elefant ist Symbol und paradoxe
Einheit zweier gleicher Seiten, entweder Gut oder
Böse, Schön oder Hässlich.
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BIOGRAFIE
Valentin Hirsch geb. am 13.07.1978 in Eschwege / Deutschland
1998-1999 Basisstudium an der Freien Kunstschule Stuttgart
2001-2006 Studium an der Akademie der Bildenden Künste
Wien bei Prof. Damisch
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Ausstellungen:
2003: Layr-Wüstenhagen,
Zeichnung Wien
2004: Kupferstichkabinett,
Druckgrafik, Wien
2004: Lineup, Supersaat
Wien
2005: Galerie TonArt,
GodLovesUgly, Wien
2005: RHETORICAL LOGISTICS
Wien
2005: Hell, Dunkel (Kupferstichkabinett,
Akademie d. b. Künste) Wien
2006: Siemens Artlab, Wien
INTERVIEW auf Ö1
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